So lang wie ich denken kann, war Reisen und Surfen elementarer Bestandteil meines Lebens. Ich bin sehr dankbar, dass meine Eltern meinen Geschwistern und mir schon sehr früh diesen Lebensweg vermittelt haben. In der Familie meiner Mutter wird berichtet, dass unsere Vorfahren nicht sesshaft waren, fahrendes Volk. Unterwegs in Europa zu sein, war für mich als Kind das größte. Heute - auch mit einer Familie mit drei Kindern kann ich mir vorstellen, was das damals ohne Navi und Tablet in kleinen Autos oder Bussen ohne Klimaanlage bedeutet hat. Ich kann mich gut an eine Irrfahrt durch das nächtliche Paris erinnern auf der umgeklappten Rücksitzbank eines T2 VW Bullis. Wir Kinder haben die Silhouette von Paris genossen und meine Eltern waren kurz vor der Verzweiflung, weil sie seit einer Stunde immer wieder in den gleichen Kreisverkehr landeten. Das erste Auto von meinem Bruder und mir war ein Ford Kastenwagen. Schule war uns wirklich scheissegal und eigentlich wollten wir nur raus, die Welt aufsaugen und Surfen, Skateboarden oder Snowboarden gehen. Wir haben in dieser Zeit unendlich viele verrückte Dinge erlebt. Die Suche nach Freiheit, nach dem Neuen und dem Ungewissen, beflügelt heute wie damals meine Sinne. Die Suche gibt mir ein Ziel, was bei mir unendliche viel Energie freisetzt. Ich kann behaupten, dass ich den Küstenstreifen zwischen Brest und El Palmar genauso gut kenne wie das Stückchen Strand zwischen St.-Peter Ording und Skagen. Das lange Ende zwischen Paris und Bordeaux ist immer wieder eine Offenbarung, wie gross Frankreich ist. Um dann nach Bordeaux endlich auf der schönsten Autobahn bis Galizien fahren zu können. Ich durfte diese Momente so oft genug erleben, dass ich nur die Augen schließen muss und ich kann mich an den Geruch der Pinienwälder im Sommer im Département Landes erinnern. Und Irgendwo im Spanischen Baskenland gibt es immer wieder diese eine Autobahnabfahrt zu einer perfekten Bucht, die ich aber immer wieder verpasse. Und fahre ich auf der Strecke weiter und sehe vor meinem inneren Auge zu rechten die Picos und zur linken den Atlantik. Meist frage ich mich dann, was ich eigentlich noch hier in meinem Zuhause mache. Manchmal überkommt mich das Gefühl, dass ich irgendwie auf dieser Reise/Vanlife/Surftrip Geschichte hängengeblieben bin. Es gibt Menschen, die trinken gerne Schampus in meinem Alter und stehen auf Luxus Hotels und 24 Stunden Kinderbetreuung. Und ich - ich mag einfach die raue Strasse, Kilometer um Kilometer machen und Camping in einer einfachen Form. Als das alles mit Covid losging hat Juliane prognostiziert, davon werden wir mindestens drei Jahre was haben und danach wird die Welt nicht mehr so sein, wie vorher. Nach über einem Jahr Pandemie halt ich das leider für höchst realistisch. 2020 war für uns die Hölle, wahnsinnig viel Arbeit, Homeshooling, viele Sorgen, viele Ängste und fast kein Meer. 2021 haben wir gelernt mit dem Virus zu leben. Natürlich vermissen wir viele Dinge, aber wir können mit der Situation auch ganz gut auskommen. Sorge macht mir zur Zeit, dass es immer mehr politische Bestrebungen gibt, das Reisen innerhalb Europas zur Unmöglichkeit werden zu lassen oder nur noch mit Impf-frei-schein.Wobei ich mir nicht so ganz erklären kann, was das eigentlich soll, denn die Abstand-Hygiene-Maske-trage-Regel gilt in fast allen Europäischen Ländern. Wir sind doch immer noch ein Europa! Und wenn man zu Hause nachsichtig und vorsichtig ist, kann man das im Van ebenfalls auch auf einer Reise tun. Wie geht´s also weiter, wie kommen wir wohl in diesem Jahr ans Meer? Wir sind zur Zeit in großer Hoffnung dass wir im August nach Portugal kommen. Wie steht’s bei euch? Ein anderer Aspekt, der mich gerade in den letzten Tagen noch mal zum Denken hat bringen lassen, ist der, dass sich die Zulassungszahlen von Wohnmobilen im letzten Jahr verdoppelt haben. In St. Peter Ording ist es mittlerweile selbst an Scheiss-Tagen am Land und im Wasser mega voll und frei über Nacht Stehen im Van kostet nun 130 Euro! Wie wird das also dieses Jahr am Atlantik werden? Erfahrungsgemäß lohnt sich Frankreich eher im Frühjahr/Herbst, wegen chronischer Sommer-Überfüllung. Daher nutzen wir Frankreich in dieser Jahreszeit meist nur als Transit um auf die iberische Halbinsel zu kommen. Ich bin gespannt, wie dies in diesem Jahr wird, falls man fahren darf. Wird alles überlaufen sein? Wird der entstehende Müll und andere Hinterlassenschaften zur Überforderung der Systeme führen und werden dann noch mehr Verbote folgen? Es wäre furchtbar, wenn sich der Portugiesische Weg auf ganz Europa ausdehnt.Fragen über Fragen, Friede sei mit eurer Zylinder-Kopf-Dichtung. Peace Out und räumt euern Scheiss weg.
Vanlife-Armageddon and the end of our holy freedom?
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